Kurzcharakterisierung des Bibers nach Freye (1978).
Körperbau
Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von durchschnittlich 92,4 cm (Männchen) bzw. 96,5 cm (Weibchen) und einem mittleren Gewicht von 24,6 kg (Männchen) bzw. 26,7 kg (Weibchen) stellt der Biber das größte Nagetier Europas dar.
Der charakteristisch abgeplattete Schwanz kann eine Länge von bis zu 34,5 cm erreichen und ist mit Schuppen bedeckt. Als semi-aquatisch lebende Säugetierart weist der Biber zahlreiche Anpassungen an ein Leben in und am Wasser auf. Dazu zählen verschließbare Ohr- und Nasenöffnungen, mit Schwimmhäuten versehene Hinterbeine und ein dichtes Fell, das auf der Bauchunterseite bis zu 23.000 Haar/cm² tragen kann. Die zweite Hinterfußzehe ist mit einer Doppelkralle (Putzkralle) versehen, die zum Striegeln des Fells dient.
Männliche und weibliche Tiere sind anhand äußerer Merkmale nicht voneinander zu unterscheiden. Bei beiden Geschlechtern sind zwischen After und Geschlechtsteilen etwa hühnereigroßen Drüsensäcke ausgebildet, so genannte „Geildrüsen“ bzw. „Geilsäcke“, die das Bibergeil oder Castoreum produzieren. Der Biber nutzt dieses fetthaltige Sekret zur Fellpflege und zum Markieren seiner Reviergrenzen.
Ernährung
Biber sind reine Pflanzenfresser.
Vor allem in den Wintermonaten ernähren sie sich von Rinde und Ästen von Weichhölzern wie Weiden und Pappeln, seltener von Birken, Erlen, Haselnuss, Ahorn, Ulmen, Eschen, Traubenkirschen oder Nadelbäumen. In den Sommermonaten nutzen sie ein breites Spektrum an krautigen Pflanzen, besonders Giersch, verschiedene Ampferarten, Brennnessel, Klee und Mädesüß. Daneben werden ganzjährig auch die Rhizome von Wasserpflanzen verzehrt.
Um Rinde, Äste und Blätter erreichen zu können, werden Bäume bis zu einem Durchmesser von 60 cm gefällt. Dabei entsteht ein typisch kegelförmiger Anschnitt. Anschließend werden die dünneren Äste entweder an einer geschützten Stelle im Uferbereich gefressen oder zum Bau abtransportiert. Stärkere Äste werden an Ort und Stelle entrindet oder zerteilt und als Bauholz verwendet.
Im Spätsommer und Herbst wird häufig im Bereich des Baueinganges ein im Wasser schwimmender Nahrungsvorrat, das so genannte Nahrungsfloß, in Form von Ästen und Zweigen angelegt.
Fortpflanzung und Entwicklung
Biber sind monogam.
Die Paarung findet zwischen Jänner und März im Wasser statt. Nach einer durchschnittlichen Tragzeit von 105 Tagen werden im Zeitraum von April bis Mitte Juli ein bis fünf Jungtiere geboren, die bis zu drei Monate gesäugt werden. Obwohl die jungen Biber bei der Geburt bereits voll behaart und sehend sind, bleiben sie gewöhnlich die ersten vier bis sechs Wochen im Bau.
Mit etwa zwei Jahren verlassen sie in der Regel den Familienverband. Die Geschlechtsreife tritt im Alter von 2,5 bis 3 Jahren ein.
In freier Wildbahn können Biber bis zu 17 Jahre alt werden, in Gefangenschaft sind Höchstalter von 35 Jahren belegt. Todesursachen sind seltener natürliche Feinde, sondern häufiger Ertrinken bei Hochwasser sowie Infektionen nach Bissverletzungen im Zuge innerartlicher Auseinandersetzungen.
Lebensweise
Biber leben im Familienverband, der meist aus einem Elternpaar mit Jungen im 1. und 2. Lebensjahr besteht.
Im zentralen Teil des Wohngebietes einer Familie befinden sich ein oder mehrere Baue. An Flüssen werden oft Erdbaue gegraben, an stehenden oder langsam fließenden Gewässern Burgen aus Pflanzenmaterial aufgeschichtet. Der Zugang zum Bau liegt immer unter der Wasseroberfläche. Im Inneren des Baus befindet sich ein Wohnkessel, der stets trocken ist und etwa 20 cm über dem Wasserspiegel liegt.
Die Wohngebiete der Familien können isoliert sein, sich aber auch teilweise überschneiden. Die Reviergrenzen werden mit Bibergeil am Gewässerufer markiert. An Fließgewässern schwankt die Revierlänge je nach Jahreszeit zwischen 100 und 3.000 m.
Biber sind nacht- und dämmerungsaktiv und verlassen ihren Bau im Sommerhalbjahr zwischen 16.00 und 18.00 Uhr. In kalten, schneereichen Wintern bleiben sie oft wochenlang im Bau und ernähren sich von den Holzvorräten des Nahrungsfloßes.
Lebensraum
Biber leben sowohl an stehenden als auch an fließenden Gewässern.
Wesentlichste Voraussetzungen für ein Vorkommen sind das Vorhandensein geeigneter Futterpflanzen im Nahbereich des Gewässers sowie eine ausreichende Wassertiefe. Die Gewässer dürfen im Sommer nicht austrocknen und im Winter nicht bis zum Grund gefrieren.
Wasserstandsschwankungen können zum Teil durch die Anlage von Dämmen ausgeglichen werden.
[>] Freye, H.-A. (1978): Castor fiber Linnaeus, 1758 - Europäischer Biber. In: Niethammer, J. & Krapp, F. (Hrsg.): Handbuch der Säugetiere Europas. Band 1: Rodentia I (Sciuridae, Castoridae, Gliridae, Muridae). Akademische Verlagsgesellschaft, Wiesbaden: 184-200.
Biberbroschüre: Biber in der Steiermark - Der Baumeister ist zurück